21.07.2022
Was geht uns das an?
Diese Frage beantwortete Dr. Reinhard Erös in seinem aufschlussreichen
wie aufrüttelnden Vortrag am 13. Juli für die Schülerinnen und Schüler
der 11. Klassen des Fraunhofer-Gymnasiums.
Der Gründer der
Kinderhilfe Afghanistan und Träger des Bundesverdienstkreuzes sowie des
bayerischen Verdienstordens spannte in seiner Präsentation den Bogen von
der Geographie über die leid- und wechselvolle Geschichte Afghanistans
bis hin zur westlichen Außen- und Sicherheitspolitik der vergangenen
Jahre.
In eindrucksvollen Worten und Bildern schilderte Erös, warum sich das
afghanische Volk seiner Meinung nach von keiner militärisch auch noch so
überlegenen Besatzungsmacht beherrschen lässt. Als Beispiel für die
Leidensfähigkeit und Kampfbereitschaft der Afghanen diente dem
Referenten der afghanische Nationalsport „Buzkaschi“, ein
Reiterwettstreit, bei dem extrem hart um Sieg und Ehre gekämpft wird und
bei dem Aufgeben selbst nach schwersten Verletzungen keine Option
darstellt. Deshalb war nach Erös Meinung sowohl die sowjetische
Besatzung in den 1980er-Jahren als auch der 20 Jahre dauernde
Nato-Einsatz nach 2001 zum Scheitern verurteilt. Letzter verursachte
zudem unvorstellbare Kosten von 1200 Milliarden US-Dollar für den
militärischen Bereich, während für den zivilen Aufbau im gleichen
Zeitraum lediglich 90 Milliarden Dollar aufgewendet wurden. Besonders
diese Schieflage und die durch den Militäreinsatz verursachten hohen
menschlichen Opferzahlen prangerte Erös an, zumal die offizielle
Begründung dieser internationalen Operation – die islamistischen
Terroranschläge ab dem 9. September 2001 – seinen Ausführungen nach
abwegig war, denn bei keinem der Anschläge waren Afghanen beteiligt,
sondern Araber aus verschiedenen Staaten.
Dass nach dem Abzug der
Nato im vergangenen August die Taliban die Herrschaft gewannen, wurde
laut dem Referenten in weiten Teilen des Landes sogar begrüßt. Unter
ihnen befänden sich „ein Drittel Verbrecher, ein Drittel Unentschiedene
und ein Drittel vernünftige Politiker“, denen am Wohlergehen der
Bevölkerung absolut gelegen sei. Und mit diesem Drittel trinkt Erös
nicht nur Tee (wie er in seinem Buch „Tee mit dem Teufel“ beschreibt),
sondern verhandelt erfolgreich, wenn es um den Bau neuer (Mädchen-)
Schulen, Waisenhäuser oder Universitäten geht. Diese finanziert seine
Organisation rein aus Spendengeldern und achtet darauf. So wurde die
Kinderhilfe Afghanistan beispielsweise nach dem verheerenden Erdbeben im
vergangenen Monat gebeten, zu helfen, was auch mit Erös‘ dichtem
lokalen Netzwerk umgehend gelang.
Die Schülerinnen und Schüler, die seinem Vortrag sichtlich gebannt folgten, rief Erös dazu auf, sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren und selbst Verantwortung zu übernehmen. Dabei könnten sie sich nicht nur ihn und seine Familie, die sich seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich und mit größtem Erfolg für die Verbesserung der Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung in Afghanistans Osten einsetzen, als Vorbild nehmen. Er zeigte auch am Beispiel der jungen Frauen Malala und Greta Thunberg, was eine einzelne Person bewirken kann. Außerdem lag Erös am Herzen, die jungen Leute zu kritischen Bürgerinnen und Bürgern zu machen, indem sie das in der Presse und von der Politik nur allzu oft präsentierte Schwarz-Weiß-Bild hinterfragen. Dies gelinge aber nur, wenn man sich aktiv mit den Themen auseinandersetze, was im freien und demokratischen „Paradies“ Deutschland möglich sei, während es den Menschen in so vielen anderen Staaten verwehrt bleibe.
Viele Hausaufgaben sehe er also für die Schülerinnen und Schüler, aber gleichzeitig wolle er sie ermutigen, sich zum Wohle der Welt und damit für die eigene Zukunft einzusetzen!
Text: Antje Fritz
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